Ich weiß, dass ich mit diesem Artikel etwas spät zur Party komme, aber dafür fliessen um so mehr Informationen ein. Ubuntu 12.04 hat insgesamt ein sehr positives Echo bekommen und ich bin der Meinung, das man es out-of-the-box gut einsetzen kann. Wie immer schreibe ich auch ein paar generelle Dinge, die ich größtenteils aus den Vorgänger-Artikeln übernehmen werde.
Installationsvorbereitung
In der Regel ist es problemlos möglich, von einem Release zum nächsten ein Upgrade durchzuführen. Sobald ein neues Ubuntu-Release ver&¨ffentlicht wird, erscheint in der Aktualisierungsverwaltung ein Hinweis darauf (erscheint kein Hinweis, muss man in den Einstellungen den Wert für Freigabe-Aktualisierung ändern). Wenn Zeit kein entscheidender Faktor ist, kann man das Upgrade einfach durchführen. Für mich persönlich ist die Neuinstallation die bessere Wahl, da man so auch deutlich schneller wieder ein laufendes System hat.
Hat man sein /home-Verzeichnis auf einer seperaten Partition ist eine Neuinstallation eigentlich kein Problem (man kann praktisch nach 10-20 min weiterarbeiten).
Backup
In jedem Fall wie immer der Hinweis, dass ein Backup des /home-Verzeichnisses auf eine externe Festplatte vor späteren Sorgen schützt. Hat man viel von Hand konfiguriert, kann es auch nicht schaden /etc zu sichern. Folgendermaßen legt man das Backup von Hand an, ab 11.10 ist mit Deja-Dup eine gute grafische Backup-Lösung vorinstalliert.
sudo rsync -av /etc $HOME /media/external_drive/backup/
Es empfiehlt sich ebenfalls, zu gucken, welche Programme man installiert hatte. Eine schnelle Methode ist es mit dpkg eine Liste aller installierter Pakete zu sichern, die man dann später wieder einlesen kann:
## zum speichern dpkg --get-selections > /media/external_drive/backup/installierte_pakete ## zum späteren installieren sudo apt-get -y update sudo dpkg --set-selections < /media/external_drive/backup/installierte_pakete sudo apt-get dselect-upgrade
Die Liste der Installierten Programme lässt sich auch über das Ubuntu Software Center abgleichen (Datei -> zwischen Rechnern abgleichen) sofern man Ubuntu One nutzt.
USB-Stick
Damit die Installation zügig von Statten geht sollte man von einem USB-Stick oder Cardreader, statt von CD installieren. Wenn man sich das .iso-Image von ubuntu.com geladen hat, hat man drei Optionen. Wer bereits Ubuntu nutzt kann mit dem USB-Startmedien-Ersteller (unter System -> Sytemverwaltung) den USB-Stick direkt erstellen. Alternativ kann man auch von einer gebrannten Ubuntu-CD booten und aus dieser heraus einen USB-Stick erstellen. Seit Ubuntu 11.10 sind die ISO-Images direkt bootfähig. D.h. man kann sie auch mit dd direkt auf den USB-Stick schreiben (z.B. dd if=ubuntu.iso of=/dev/sdb bs=1M). Windows-Nutzer können das Tool UNetbootin oder LiveUSB Install nutzen.
Beim Start des Rechners reicht es meist eine der F-Tasten zu drücken, um ein Boot-Auswahlmenü zu erhalten. Bei vielen Rechnern ist das F8-F12. Unterstützt der Rechner kein USB-Boot kann man über einen Umweg trotzdem die USB-Geschwindigkeit nutzen. Es erscheint ein auberginer Ladebildschirm mit einem kleinen weissen Logo. Um das Auswahlmenu zu bekommen, drückt man einfach Enter. Es empfiehlt sich das Live-System zu booten (Ubuntu ausprobieren), weil man dort mehr Möglichkeiten als bei der reinen Installation hat.
Installation
Es geht los mit der Partitionierung. Die bietet zwar auch das Installations-Programm an, aber deutlich komfortabler geht es mit gparted (Super->gparted). Hier meine Empfehlung für die anzulegenden Partitionen (Größe, Dateisystem, Label):
- 1.5xRAM, linux-swap, SWAP
- 15360, ext4, ROOT (wem 15GB nicht reichen, der kann natürlich auch mehr nehmen, aber i.d.R. reichen ~10GB)
- Rest, ext4, HOME
Nach der Partitionierung kann die Installation gestartet werden. Die ist so weit selbsterkl&¨rend. Da wir nun schon partitioniert haben muss an der entspr. Stelle manuell bzw. „etwas anderes“ gewählt werden. Jetzt weist man einfach den angezeigten Partitionen die zu nutzenden Dateisysteme (ext4 und linux-swap) und Mountpoints zu (/ und /home). Bei einer kompletten Neuinstallation müssen keine Häkchen für das Formatieren gesetzt werden (das hat gparted gerade schon getan). Hat man die alte Partitionierung beibehalten formatiert man / und sollte darauf auchen, dass /home und etwaige NTFS-Partitionen nicht formatiert werden. Letztere kann man übrigens direkt unter /windows oder /media/name mounten lassen. Alles was unter /media gemountet wird, taucht direkt in der Unity-Leiste auf.
Installationsnachbereitung
Jetzt der interessante Teil. Ich sagte ja eingangs, dass ich mit Unity mittlerweile zufrieden bin. Ich nutze es auch relativ unverändert. Allerdings tauchen (zumindest bei mir) einige Probleme auf, deren Behebung ich im folgenden Zeigen will.
Fixes
Unity-Performance / Vblanc
Ich empfehle einige Einstellungen, um Tearing zu verhindern (horizontale Verschiebungen im Bild bei LCDs in schnellen Szenen bei Spielen oder Filmen). Dafür muss CCSM installiert sein (siehe Liste unten):
Um nun Tearing zu verhindern stellt man im CompizConfig-Settings-Manager (CCSM) einige Werte ein.
- OpenGL->Mit VBlanc synchronisieren->an (bei ATi-Karten aus!)
- Composite->Aukualisierungsrate erkennen->aus
- Composite->Aktualisierungsrate->180 (immer ein Vielfaches der vertikalen Bildwiederholfrequenz nehmen, bei den meisten LCDs ist das 60Hz)
UbuntuOne
Ich freue mich ja sehr, dass Canonical eine Konkurrenz zu Dropbox (referral link) anbietet. Allerdings macht es bei mir nicht nur Nautilus langsam, sondern verursachte am Anfang sogar Abstürze:
sudo apt-get purge ubuntuone*
Ruhezustand reaktivieren
Bei 12.04 ist der Ruhezustand aus dem Menu verschwunden, weil einige Rechner damit Probleme hatten. Ob er problemlos funktioniert kann man testen, indem man ihn von Hand anstösst:
sudo pm-hibernate
Funktionier alles, kann man ihn durch das Anlegen einer Datei auch wieder im Menu aufnehmen. Dazu den kompletten folgenden Code-Block in ein Terminal pasten und Enter drücken:
sudo tee /etc/polkit-1/localauthority/50-local.d/com.ubuntu.enable-hibernate.pkla > /dev/null <<EOF [Re-enable hibernate by default] Identity=unix-user:* Action=org.freedesktop.upower.hibernate ResultActive=yes EOF
Realnamen aus Session-Indicator entfernen
Keiner weiss, was der Name dort soll. Man weiss ja, wer man selber ist. Daher schmeissen wir ihn raus:
gsettings set com.canonical.indicator.session show-real-name-on-panel false
Software
Nun noch ein paar Empfehlungen zur Installation:
- synaptic – Seit 11.10 wird der normale Paketmanager nicht mehr mitgeliefert, also nachinstallieren. Wer einzelne .deb-Dateien nicht über das Software-Center installieren will, der braucht auch noch das Paket gdebi. Will man gdebi wieder zum Standard machen, muss man dies in den rechts-klick Eigenschaften einer beliebigen .deb-Datei festlegen.
- ubuntu-restricted-extras – enthält alle möglichen Codecs, die man so brauchen kann und Microsoft-Schriftarten
- gimp – GIMP ist eine 1a Fotobearbeitung, welche auch nach Profi-Meinung mit Photoshop mithalten kann (zumindest teilweise). Ergänzend empfiehlt sich die installation von gimp-plugin-registry, welches einen Haufen an zusätzlichen Filtern enthält. Das Paket gimp-gmic erweitert GIMP, um die Manipulationstools, der französischen Grafikspezialisten vom GREYC. Deren Filter entspr. dem aktuellen Forschungsstand in Sachen Bildverarbeitung/-manipulation und machen GIMP z.T. mächtiger als Photoshop.
- inkscape – vektorbasiertes Zeichenprogramm, welches einen sehr guten Vektorisierer enthält (m.E. besser als alle kommerziellen Lösungen)
- scribus – Desktop publishing (DTP). Praktisch, um Booklets oder Flyer zu basteln.
- joe – 1a Kommandozeilen-Texteditor
- nautilus-open-terminal – überall per rechts-Klick ein Terminal an der entspr. Stelle öffnen
- seahorse-nautilus – integriert Funktionen zur ver- und entschlüsselung von Dateien in das Nautilus Kontextmenu.
- compizconfig-settings-manager – ein Einstellungstool für Compiz.
- vlc – guter Videoplayer, mittlerweile empfehle ich aber eher den default player (totem), da er mit vielen Formaten besser klar kommt (gerade HD)
- scribes – Scribes ist ein hervorragender Editor, der dadurch besticht, dass er sehr unkompliziert ist und die Bedienelemente sich im Hintergrund halten. Er hat viele Funktionen, um einem das Programmieren zu erleichern und kommt interessanterweise sehr gut ohne Tabs aus.
Weitere Empfehlungen (PPAs)
In einigen Fällen möchte man aktuellere Software, als die in den Ubuntu-Quellen bereitgestellte. Hierfür können Hersteller eigene Paketquellen anbieten oder das von Canonical bereitgestellte PPA-System (Personal Package Archive) nutzen. Hier einige Empehlungen von mir.
Browser
Firefox ist ein guter Standard, aber viele nutzen gern andere Browser. Mein Favorit ist Opera. Chrome/Chromium ist aber auch nicht schlecht (besonders auf Netbooks). Beide kann man gut erweitern und anpassen und beide sind Firefox meines Erachtens überlegen.
Opera läd man sich am Besten direkt von der Download-Seite. Dort wird einem immer die korrekte Version für die genutzte Distribution angeboten. Bei der Installation wird eine Paketquelle von Opera hinzugefügt, so dass man automatisch mit Aktualisierungen versorgt wird. Chromium lässt sich direkt aus den Ubuntu-Quellen installieren, leider nur in einer älteren Version. Das offizielle Chromium PPA wird momentan auch nicht mehr weiter gepflegt (Abhilfe soll in Sicht sein), so dass man am Besten wohl die offizielle Google-Version installieren sollte, Google Chrome.
Von Firefox (und Thunderbird) erhält man übrigens immer automatisch die aktuellste Version.
Medien
Damit die Wiedergabe von DVDs vernüftig funktioniert muss man noch die libdvdcss2 installieren. Die ist nicht dabei, weil das in einigen Ländern verboten ist. Um sie in Ubuntu nachzurüsten, gibt man in der Kommandozeile einfach folgenden Befehl ein:
sudo /usr/share/doc/libdvdread4/install-css.sh
Möchte man ähnlich wie mit den Daemon-Tools beliebige CD- und DVD-Images (nicht nur ISO) unter Ubuntu mounten empfiehlt sich CDEmu.
sudo add-apt-repository ppa:cdemu/ppa && sudo apt-get update sudo apt-get install gcdemu
gcdemu kann man nun über den Dash starten und beliebige Images mounten.
Wine
Viele finden es nützlich Wine auf dem aktuellsten Stand zu haben, weil man damit immer die aktuellsten Funktionen hat (und mehr Windows-Programme nutzen kann). Manchmal funktionieren aber auch Programme nicht mehr, die vorher funktionierten (Regressionen). Daher werden mit Ubuntu die stabilen Versionen 1.0 und 1.2 geliefert. Für die aktuellste Entwickler-Version 1.5 (meine Empfehlung) braucht man folgendes PPA.
sudo add-apt-repository ppa:ubuntu-wine/ppa && sudo apt-get update sudo apt-get install wine
Braucht man für eine Anwendung ältere Wine-Versionen und möchte mehrere Wines parallel betreiben, sollte man sich PlayOnLinux mal genauer anschauen (nicht nur für Spiele gedacht).
GIMP 2.8
Die neue GIMP-Version ist super, hat es aber leider nicht mehr in Ubuntu 12.04 geschafft. Zum Nachinstallieren kann das folgende PPA nutzen (GIMP 2.6 muss vorher deinstalliert werden).
sudo add-apt-repository ppa:otto-kesselgulasch/gimp && sudo apt-get update sudo apt-get install gimp gimp-plugin-registry
Unity Scopes & Lenses
Durch Drücken der Super-Taste (aka Windows) öffnet sich der s.g. Dash. Dort kann man nach Dateien, Programmen und anderen Dingen suchen. Es gibt mittlerweile einige weitere Ansichten, um bspw. Tomboy-Notizen zu durchsuchen oder direkt Torrents von ThePirateBay zu suchen. Letzteres installiert man so:
sudo add-apt-repository ppa:scopes-packagers/ppa sudo apt-get update && sudo apt-get install unity-scope-piratebay
SUN Java
Ich persönlich brauche noch das echte Java. Da nach der Übernahme durch Oracle leider die Lizenz geändert wurde, lässt sich das Paket sun-java6-jre leider nicht mehr direkt installieren. Man kann es sich aber leicht selber bauen.
wget https://github.com/flexiondotorg/oab-java6/raw/0.2.5/oab-java.sh -O oab-java.sh chmod +x oab-java.sh sudo ./oab-java.sh sudo apt-get install sun-java6-jre
PPAs entfernen (ppa-purge)
Einige externe Quellen ersetzen bereits vorhandene Pakete (wie der Unity-Fix). Von Hand kommt man da nicht besonders leicht auf den alten Stand zurück. Entfernt man einfach die Quelle, bleiben die Pakete auf dem Rechner. Diese müsste man nun einzeln wieder auf den offiziellen Ubuntu-Stand bringen. Erleichterung schafft hier ppa-purge. Das Wine-PPA entfernt man dann bspw. so:
sudo ppa-purge ppa:ubuntu-wine/ppa
Und weiter?
Ich würde erst mal ein wenig Unity erkunden. Gerade die Tastenkombinationen (sichtbar durch drücken und halten der Super-Taste) erleichtern einem wirklich die Arbeit. Ausserdem lohnt es sich, direkt die Backup-Funktion einzurichten.
Für alle Fragen und Probleme kann man sich immer an die deutsche Ubuntu-Community wenden. Das Wiki von ubuntuusers.de ist außergewöhnlich gut und im Forum bekommt man kompetente freundliche Hilfe zu allen konkreteren Fragen. Wenn es besonders schnell gehen soll ist auch der deutsche IRC-Channel #ubuntu-de auf Freenode hilfreich.
an, ab 11.10 ist mit Deja-Dup eine gute grafische Backup-Lih2/a